«Viele Jahre wusste ich nicht, was mir fehlt»
Nach dem Einkaufen hielt sich Hannelore nur mühsam auf den Beinen. Beim Abräumen des Tisches fiel ihr beinahe das Geschirr zu Boden. „Die letzten Jahre vor der Pensionierung habe ich nur dank Energy Drinks überstanden. Ich fühlte mich wie unter Dauernarkose, ging kaum mehr aus der Wohnung, und wurde irgendwann in eine Schlafklinik überwiesen. Die Ursache für meine Müdigkeit fanden sie nicht, nur, dass ich offenbar ein wenig schnarche.“
Zermürbend waren auch die ewigen Schmerzen im Rücken. „Beim Stehen tat’s weh, beim Sitzen tat’s weh. Ich wusste nicht mehr, wie sich ein schmerzloser Moment anfühlt. Und dann dieses häufige und starke Nasenbluten in jungen Jahren.“ Blutverluste blieben das Thema in Hannelores Krankengeschichte, aber erst Jahre später entdeckte eine Krankenschwester eine Unregelmäßigkeit. „Sie könne bei mir kein Blut entnehmen und ich solle doch einmal zum Arzt gehen, sagte sie. Als ich im Zuge einer Grippe tatsächlich in Behandlung war, erwähnte ich nebenbei auch eine missratene Blutspende. Der Arzt wurde hellhörig, denn mein Blutbild war katastrophal.“ Im Krankenhaus wollten die Ärzte dann wissen, ob Hannelore in Afrika gewesen sei und sich vielleicht mit etwas angesteckt habe. „Anders konnten sie sich meine stark vergrößerte Milz und die viel zu große Leber nicht erklären. Eine Knochenmarkentnahme am Brustbein und die Gewebeprobe aus der Leber führten nach zwei Wochen dann zu einer ganz anderen Diagnose: Ich litt an Morbus Gaucher, einer seltenen Stoffwechselkrankheit.“
Endlich Klarheit: Diagnose Morbus Gaucher
Hannelore war schockiert und erleichtert zugleich. Doch das Drama ging weiter, denn die Ärzte wussten mit dieser Krankheit nicht viel anzufangen. Dass Hannelore doch noch die Chance auf eine Therapie bekam, verdankt sie indirekt ihrem Hobby, der Astrologie. „Ich wollte die Planetenstellungen schneller berechnen können und kaufte mir dazu einen Laptop. Da stellte ich fest, dass im Internet vieles über Morbus Gaucher geschrieben steht. Ich fand dadurch auch sehr schnell einen Spezialisten – mitten in Wien. Der Professor wunderte sich sehr, dass mich die Ärzte in der Stadt trotz verschiedener Hinweise nicht schon längst zu ihm geschickt hatten. Nach eingehender Untersuchung bekam ich ein Rezept und jubelte innerlich: Es existiert also doch eine Therapie! Endlich konnte ich behandelt werden. Jetzt versuche ich, die Jahre, die mir noch bleiben, so intensiv wie möglich zu genießen.“
Nach eingehender Untersuchung bekam ich ein Rezept und jubelte innerlich: Es existiert also doch eine Therapie! Endlich konnte ich behandelt werden. Jetzt versuche ich, die Jahre, die mir noch bleiben, so intensiv wie möglich zu genießen.
Hannelore, Morbus Gaucher-Betroffene
Was ist Morbus Gaucher?
Morbus Gaucher [sprich: go-schee] ist eine erblich bedingte Erkrankung, von der in Westeuropa schätzungsweise 1 von 40.000–60.000 Menschen betroffen ist. Ursache ist ein Mangel des Enzyms beta-Glukozerebrosidase. Dieser Mangel führt dazu, dass der zuckerhaltige Fettstoff Glukozerebrosid nicht abgebaut werden kann und sich in den körpereigenen Fresszellen (Makrophagen) anhäuft. Diese dicken, sogenannten „Gaucher-Zellen“ sammeln sich besonders in Leber, Milz und Knochenmark an. Milz und Leber sind zum Teil enorm vergrößert. Die Diagnose kann mithilfe eines einfachen Tests gestellt werden, bei dem die verminderte Enzymaktivität gemessen wird. Richtig erkannt, ist Morbus Gaucher gut behandelbar. Betroffene sollten sich nach der Diagnose an ein spezialisiertes Kompetenzzentrum wenden.
MAT-AT-2001441 v1.0 10/2020